Was darf der Mann in der modernen Gesellschaft? In der Auseinandersetzung mit dem Feminismus kommt man nicht umhin, sich mit dem Thema “Freiheit” auseinanderzusetzen. Bislang verharrt der Maskulismus in der Ideologiekritik. Feministische Mythen und Argumente werden argumentativ widerlegt und ihre ideologische Natur wird sichtbar. Aber genügt das wirklich?
Freiheit kann sowohl negativ als auch positiv definiert werden. Negative Freiheiten kennt man etwa aus der Verfassung: Dort wird definiert, was der Staat gegenüber dem Bürger nicht darf. Er darf z.B. das Recht auf Meinungsfreiheit nicht einschränken. Der Staat darf einen Menschen nicht ohne ordentlichen Prozess und nur auf bloßen Verdacht hin verurteilen. Positive Freiheiten sind etwa Versammlungsfreiheit, Wahlrecht oder Freizügigkeit.
Solange Männer Ideologiekritik betreiben, peilen sie vor allem negative Freiheiten an. Sie wollen frei von Pauschalverdächten sein. Sie möchten nicht länger vorab als “Täter”, “Frauenunterdrücker” oder “Kinderschänder” gelten. Ideologiekritik ist also die Abwehr des generalisierten Verdachts gegen Männer. Es bleibt aber fraglich, ob man damit alleine dem Thema gerecht wird und ob man so wirklich schon eine brauchbare normative Grundlage hat, um diese Abwehr zu plausibilisieren.
Meine These lautet, dass eine positive Freiheitsdefinition notwendig ist, um männerrechtlichen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Ein Grund dafür ist, dass es eine Verbindung gibt zwischen der Freiheit zu etwas und der sexuellen Würde eines Menschen. Das ist nicht die einzige Dimension von Freiheit, aber im Geschlechterverhältnis spielt diese eine große Rolle.
Mit sexueller Würde meine ich, dass die Sexualität eines Menschen als Teil seiner Menschlichkeit anerkannt und gewertschätzt wird, als gleichwertiger Ausdruck seiner Humanität wie seine anderen Lebensäußerungen. Diesbezüglich leben wir aber in einer Kultur des Doppelstandards. Der weiblichen Sexualität wird eine hohe Würde zuerkannt und sie wird als Quelle der Persönlichkeitsentwicklung von Frauen betrachtet. Männliche Sexualität wird dagegen als potenziell gefährlich, verwerflich, primitiv, frauenfeindlich gelabelt und ist oft etwas, was man nur in Gestalt von Kritik, von kriminologischen Diskursen oder sonstwie abfällig behandelt in der Öffentlichkeit.
In diesem Zusammenhang wird Freiheit oft recht einseitig behandelt. Frauen fordern als negative Freiheit etwa den Schutz vor Belästigung. Als positive Freiheit reklamieren sie mit “slut walks” das Recht, sich individuell und eben auch sexy kleiden zu dürfen. Für Männer bleiben in dieser Perspektive meist nur Pflichten: Sie haben sich zurückzuhalten, sich zu disziplinieren, sich zu hinterfragen und oft sollen sie sich schämen für ihre Begierden und ihre Gedanken.
Dieser Doppelstandard treibt in der öffentlichen Wahrnehmung komische Blüten: Ein älterer Herr macht einer Dame vielleicht etwas plumpe Komplimente und löst einen empörten #aufschrei aus. Charlotte Roche schreibt “Feuchtgebiete”, langweilt und ekelt mit unappetitlichen Details und wird vom Feuilleton zur Protagonistin eines neuen Feminismus hochgejazzt. Wenn eine Frau, wie in “Shades of Grey” geschehen, ihre masochistischen Fantasien ausbreitet, wird das gefeiert als Befreiung und Selbstverwirklichung. Hätte ein Mann die gleichen Art von Beziehung beschrieben, wäre er gewiss als “Unterdrücker” und “Frauenverächter” angeprangert worden.
Männer und Frauen dürfen in unserer Kultur nicht das selbe öffentlich äußern. Die selben Inhalte würden komplett gegensätzlich bewertet werden. Unsere Kultur gesteht dem Mann folglich keine sexuelle Würde zu. Seine Sexualität gehört in das Dunkel der Schlafzimmer und darüber hinaus normativ geregelt.
Inwiefern ist dies aber eine Frage der Freiheit? Dieser Doppelstandard ist die geistige Grundlage der Rape Culture Hysterie an amerikanischen Unis und ist auch die Grundlage von gesetzlichen Regelungen in Deutschland. Wir sind nicht Amerika, unser Umgang mit Sexualität auf der Ebene der Gesetze ist recht liberal – noch. Doch es ist erkennbar, dass Feministinnen letztlich auch in Deutschland daran arbeiten, ihre Vorstellungen in volkspädagogischer Manier an den Mann zu bringen – mehr oder minder in sanften Formen einer Art Umerziehung. Plakate und Aufkleber, Aufklärungsveranstaltungen und sensibilisierende Seminare zum Thema “sexuelle Belästigung” sind nicht neutral, sie sind normensetzende Veranstaltungen, die aktiv Verhaltensformen propagieren und die dabei unterstützt werden sowohl durch politische Vorgaben (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) als auch durch die Chefetagen von Organisationen (z.B. die Unis mit ihren Gleichstellungsbeauftragten und Richtlinien zum Umgang mit sexueller Belästigung). Es findet also durchaus ein gewisser Übergriff statt. Schließlich zeigen sich auch in Europa Bemühungen, amerikanische Definitionen von “Vergewaltigung” in die Gesetzgebung zu übernehmen.
Man könnte nun noch über pädagogische “Angebote” und Projekte reden, die Jungen Verhaltensnormen nahelegen (Bei Schoppe gab es dafür Beispiele für Projekte).
Was müssen wir also tun?
Wir brauchen einen positiven Begriff von sexueller Würde des Mannes inklusive einer Vorstellung einer positiven Freiheit. Wir müssten deutlich sagen können, was Männer dürfen müssen. Damit ist also nicht nur die Freiheit von staatlichen Zugriffen gemeint, sondern die Freiheit zu etwas. Männern muss die gleiche Freiheit zur sexuellen Entfaltung zugestanden werden wie Frauen. Diese Freiheit muss gleichzeitig inkludieren, dass männliche und weibliche Sexualität sich unterschiedlich äußert.